Hühner chippen bei Erkrankungen des Legedarms

Die subcutane Implatation eines Suprelorin Chip-Implantates (Deslorelin) zur Unterdrückung der Legetätigkeit bei Erkrankungen des Legedarms wie Legedarmentzündung  mit und ohne Schichteibildung, Schichteiperitonitis oder schwerem und wiederholtem Prolaps von Legedarm und Kloake als Therapiemöglichkeit.

 

 

 

Foto: operativ entfernter schwer entzündeter Legedarm mit Schichteibildung.

 

(Das Foto wurde mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt.)

Legetätigkeit:

Bei täglich legenden Hennen beträgt der zeitliche Abstand zwischen Ovulation (Eisprung) und Oviposition (Eierlegen) einen Tag. Da bei Hühnern das rechte Ovar rudimentär angelegt ist, und somit nur das linke Ovar funktionsfähig ist, haben Hennen einen 24-Stunden-Zyklus.

Häufige Tretakte durch den Hahn fördern die Legeleistung der Henne.

Woher weiß die Henne, wann sie das Nest aufsuchen muss?

Sowohl der Druck des fertigen Eis im Uterus als auch Hormone lösen bei der Henne den Impuls aus, das Nest aufzusuchen. Das vom Ovar gebildete Östrogen, in Kombination mit dem Progesteron, das nach dem Eisprung am Follikel entsteht, ruft 24 Stunden nach dem Eisprung das Nestverhalten hervor, unabhängig davon, ob und wo sich das Ei im Legedarm befindet. Dabei bewirkt das Östrogen das Aufsuchen des Nestes, das Progesteron das  Niederlassen im Nest.

Oft zeigt der Hahn der Henne ein zur Eiablage geeignetes Nest, in dem er das Nest aufsucht und die Henne mit Lauten ins Nest lockt. Dabei werden abgedunkelte und hoch gelegene Nester bevorzugt, da sie dem Huhn ein Sicherheitsgefühl vermitteln.

Nach ca. 30 - 180 Minuten ist das Ei dann gelegt, schwere Rassen wie Lachshühner brauchen durchschnittlich länger um ein Ei zu legen, als leichte Legehybriden.

 

Erkrankungen des Legetraktes:

Besonders Hennen mit hoher Legeleistung (Legehybriden/Leistungshybriden) sind von ernsthaften Erkrankungen des Legesystems wie Entzündungen des Eierstocks, des Eileiters (Salpingitis), des Uterus und des Legedarms häufig betroffen. Je älter das Tier ist, desto höher ist das Erkrankungsrisiko. Hormonelle Störungen und eine Erschlaffung des Legedarms sind hier oft die Ursache.

Hennen mit einer geringeren Legeleistung erkranken hingegen deutlich seltener.

 

Salpingitis:

Zur auch als Schmutzinfektion bezeichneten Eileiterentzündung (Salpingitis) der Henne kommt es, indem die Henne beim Legen die Kloake nach außen ausstülpt, und dabei potentielle Keime wie E. Coli, Salmonellen, Pasteurellen oder Parasiten wie Prosthogonimus mit in den vor allem bei älteren Hennen erschlafften Legedarm aufnimmt, die dann bis zum Eileiter aufsteigen, und eine chronische Entzündung auslösen.

Obwohl sich die meisten Hennen während der eigentlichen Eiablage kurz hinstellen, verbringen sie die Zeit bis direkt vor der Eiablage sitzend im Nest, wobei sie auch immer wieder pressen, um das Ei im Legetrakt weiter voran zu schieben.

Auch eine durchgemachte IB Infektion kann zu einer chronischen Salpingitis führen.

Oftmals beginnt eine Eileiterentzündung auch mit einem zerbrochenen Ei im Legedarm. Die Eischalenfragmente können den Legedarm verlegen oder auch verletzen, und der Inhalt vom Ei bietet ein ideales Klima für für von außen einwandernde Keime dar.

Die entzündlich veränderte Schleimhaut des Eileiters scheidet ein Exsudat das, um das sich Fibrinauflagerungen schichten, so bilden sich große, feste, cremeweiße Klumpen, die auch ausgeschieden werden können. Beim Durchschneiden dieser Klumpen lässt sich eine Schichtung erkennen.

Eine Salpingitis ist oft der Auslöser für eine Schichteiperitonitis.

Betroffen sind zumeist Einzeltiere, die folgende Symptome zeigen: Abmagerung, Apathie, Atemnot, Zyanose, Bewegunsunlust, gelb-schmierig verklebtes Kloakengefieder.

Therapie: eine Behandlung mit Antibiotika sowie eine operative Entfernung des gesamten Legeapparates sind in einem frühen Stadium der Erkrankung erfolgversprechend.

Eine peinliche Hygiene im Stall, und insbesondere im Legenest, ist von entscheidender Bedeutung bei der Prävention dieser Erkrankung. 

Eine genetische Disposition bestimmter Rassen für diese Erkrankung des Legeapparates gibt es nicht.

 

Jedoch werden Hennen, die wie Legehybriden viele und große Eier legen müssen, vermutlich eher erkranken, da sie öfter dem Risiko einer Infektion ausgesetzt sind, und der Legedarm früher erschlafft.

 

Schichteiperitonitis:

Die Schichteiperitonitis ist eine chronisch verlaufende Erkrankung, sie entsteht in den meisten Fällen infolge einer aufsteigenden bakteriellen Legedarmentzündung, altersunabhängig, durch ein verschmutztes Nest und betrifft Hennen aller Rassen.

Keime können beim Ausstülpen der Kloake während der Eiablage den Legedarm hinauf wandern und Eileiter und Ovar infizieren. Ebenso können Keime beim Tretakt selbst vom Hahn auf die Henne übertragen werden, in den Legedarm gelangen, und aufsteigende Infektionen auslösen.

Verschmutzte, blutige Eier und eine verschmutzte und verklebte Kloake bei der Henne können ein Hinweis darauf sein. 

Prävention: Hygiene im Stall und ein sauberes Legenest.

 

Bei älteren Hennen kann es auch zum Ovulieren von Dotterkugeln in die Bauchhöhle anstelle des Legeapparates kommen, was dann ebenfalls eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) nach sich zieht.

Um den primären Entzündungsherd bilden sich schichtartig Fibrinauflagerungen als Abgrenzung  (Dermarkation) vom kranken zum gesunden Gewebe. Diese Entzündungen können sich sowohl innerhalb des Legedarms als auch in der freien Bauchhöhle entwickeln. Dabei kann es auch zum Verkleben von Darmschlingen kommen. In der Folge bildet sich oft eine Ascites (Bauchwassersucht) aus, bei der sich größere Mengen an Exsudat in der Bauchhöhle sammeln, und dem Tier die Atmung erschweren.

Klinisches Leitsymptom ist ein harter, angeschwollener Bauch, Pinguinhaltung und Abmagerung.

Das Abpunktieren der freien Flüssigkeit mit weitlumiger Kanüle ist möglich und sinnvoll, und erleichtert dem Tier die Atmung. 

Bei frühzeitigem chirurgischen Intervenieren, ist es möglich, die Entzündungsherde auszuräumen, Verklebungen zu lösen und den Legedarm zu entfernen.

 

Die Prognose ist als äußerst ungünstig anzusehen, trotz Therapie kommt es nach langem Krankheitsverlauf oft zum Tod. Betroffen sind vorwiegend Einzeltiere.

Therapie: Antibiotika, Suprelorin-Chip, chirurgische Intervention im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.

 

Wird die Erkrankung in einem frühen Stadium diagnostiziert, kann man die Legetätigkeit durch die Implantation eines Suprelorin Chips unterbinden, der kranke Legetrakt kann sich dann regenerieren.

Bei weit fortgeschrittener Erkrankung  hilft oftmals nur eine drastische Operation, bei der gesamte Legedarm entfernt wird, um das Leben der Henne zu retten. Auch hier muss direkt im Anschluss an die OP ein Chip gesetzt werden, damit sich keine weiteren Dotterkugeln mehr entwickeln, die ansonsten in den freien Bauchraum fallen würden. Wird der Eierstock operativ mit entfernt, ist ein Chip nicht nötig.

 

Physiologie / Hormone:

Das natürlich im Körper vorkommende GnRH ist ein (Peptid)Hormon des Hypothalamus, welches in regelmäßigen Abständen ausgeschüttet wird, und die Hypophyse anregt, die Hormone LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon) ins Blut abzugeben.

LH und FSH regulieren die Produktion und Sekretion der Geschlechtshormone Östrogen, Gestagen und Testosteron im Ovar, sowie die Produktion und Freisetzung von Eizellen (Follikeln).

 

Eigenschaften und Wirkung von Deslorelin:

Deslorelin ist ein synthetisches Nonapeptid-GnRH-Analogon, eine künstliche Form des natürlichen Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) und wirkt im Körper ca. 150-fach stärker als das natürliche GnRH. Deslorelin wird auch als sog. 'Slow-Release-GnRHAgonist' bezeichnet, da der Wirkstoff nur langsam in niedriger Dosis aber dafür kontinuierlich über einen langen Zeitraum freigesetzt wird.

 

Im Vergleich zum natürlichen GnRH enthält Deslorelin chemische Modifikationen der Aminosäuresequenz an der Position 6, welche vor Proteolyse schützt, und Position 10, welche die Bindungsaffinität zum Rezeptor verbessert. An Position 6 befindet sich die Aminosäure D-Tryptophan (Trp) anstatt Glycin (Gly), und an Position 10 befindet sich N-EtNH2 anstatt Gly-NH2.

Die Summenformel lautet C64H83N17O12 und das Molekulargewicht beträgt 1282,45 g/mol.

 

Die kontinuierliche Abgabe niedriger Dosen Deslorelin aus dem Chip hemmt für 6 - 12 Monate durch Suppression der Funktion der Hypophysen-Gonaden-Achse die Bildung und Sekretion von FSH und LH, indem es die Rezeptoren für das körpereigene GnRH an der Hypophyse blockiert.

 

Dadurch wird dem Körper vorgetäuscht, dass ausreichend Geschlechtshormone vorhanden sind, und die Hypophyse gibt keine Botenhormone (LH und FSH) mehr ins Blut ab.

In der Folge stellt das Ovar die Produktion von Östrogen und Gestagen ein, es werden keine Eizellen mehr gebildet.

Die Henne ist für die Wirkdauer des Chips unfruchtbar, die Legetätigkeit wird eingestellt, Kamm und Kehllappen werden blass und schrumpfen, die Legehöcker rücken wieder enger zusammen.

 

Somit kann Deslorelin ohne operativen Eingriff zur vorübergehenden Unfruchtbarmachung von Hennen und Hähnen eingesetzt werden.

Es existiert keine  Zulassung für den Einsatz bei Hennen, doch die Anwendung ist möglich und seit Jahren bei Legedarmerkrankungen auch üblich. Die Legetätigkeit wird für die Dauer der Wirkung des Chips komplett eingestellt, sodass der erkrankte Legedarm sich erholen kann.

 

Wirkungseintritt und -dauer des Chips:

nach 4 - 6 Wochen tritt die volle Wirkung ein, bei älteren Hennen, die nur noch wenig oder sporadisch legen, evt. auch deutlich früher, die Wirkungsdauer beträgt 6 (4,7 mg-Chip) bzw. 12 Monate  (9,4 mg-Chip).
Schwankungen in der Wirkdauer können auftreten in Abhängigkeit vom Alter und von der Rasse des Tieres.

Unmittelbar nach Implantation kann es zu einem vorübergehenden Anstieg des Hormonspiegels für 2 -3 Wochen kommen.

Um dem entgegenzuwirken, die Zeit bis zur vollen Wirksamkeit des Chips zu überbrücken, und eine erneute Eiablage zu verhindern, wird oftmals vor der Implantation des Chips Testosteron (z.B. Durateston, Testosteron enantat, Testosteron Depot Rotex Media) in den Nacken der Henne getropft. Dieses sollte direkt nach der Eiablage geschehen, um sicher eine erneute Ovulation zu unterbinden.

Hat schon eine Ovulation stattgefunden, und wird danach das Testosteron verabreicht, kann es zur Legenot kommen.

Wird das Testosteron deutlich später nach der Eiablage getropft, kommt es durch die Hemmung der Hormone dann zwar noch zur Ovulation, aber das Ei entwickelt sich entweder nicht komplett fertig bis zur Schale, oder, wenn es doch der Fall sein sollte, wird durch Hormonblockade - vor allem des Progesterons-nicht mehr gelegt.

 

Pharmakokinetik:

maximale Plasmakonzentration 7 - 35 Tage nach Einsetzen eines Implantates, die Metabolisierung erfolgt rasch.