Eine Henne in Brutlaune im Winter ist nicht die beste Idee sollte man meinen, vor allen Dingen wenn kein Hahn in der Herde mitläuft, und die Eier somit nicht befruchtet sind. Die Henne sieht das vielleicht anders.
Es kann für eine Henne aber nicht nur sehr unbefriedigend sein, völlig sinnlos auf unbefruchteten Eiern zu sitzen ohne mit Küken belohnt zu werden. Sie kann sich im wahrsten Sinne des Wortes auch zu Tode brüten.
Woran erkennt man eine Henne die brüten möchte?
Eine brütende Henne, die man auch Glucke nennt, besetzt den Nistkasten, und weigert sich vehement diesen zu verlassen. Sie plustert sich auf, ihre Körpertemperatur steigt an, sie rupft sich die Federn am Bauch um das Nest zu polstern, sie sammelt sämtliche Eier aller Hennen unter sich, und drückt sich platt auf das Gelege mit gluckenden Lauten >gluck gluck gluck<. Daher stammt vermutlich auch die Bezeichnung Glucke. Sie verteidigt die Eier laut schreiend und mit dem Einsatz ihres Schnabels gegen Störenfriede. Mit einer Glucke ist wahrlich nicht zu spaßen.
Es muss übrigens nicht unbedingt der Nistkasten sein, den die Glucke sich für die Brut aussucht. Es kann auch ein gut getarntes Nest im Auslauf sein oder an einem anderen versteckten Ort. Dabei bevorzugt die Glucke einen dunklen, ungestörten und gemütlichen Platz.
So manche Glucke verschwindet unbemerkt aus der Herde, und kehrt 3 Wochen später mit Küken im Gefolge zur Herde zurück.
Während der Zeit des Brütens verlässt die Glucke das Nest wenn überhaupt nur sporadisch, um kurz das nötigste zu fressen oder zu trinken, oder um alle paar Tage Kot abzusetzen. Sie nimmt jeden Tag 80% weniger Futter und Wasser zu sich als außerhalb der Brutzeit, das führt zu einem massiven Gewichtsverlust und einer Dehydrierung des Körpers, der Kamm wird blass und klein, das Gefieder struppig, die Henne wird anfällig für Ektoparasiten wie Milben und Federlinge.
Es gibt aber auch Glucken, die, vor allen Dingen wenn sie im Sommer brüten, schon mal ein ausgiebiges Staubbad nehmen. Klare Regeln gibt es bei einer Glucke aber eben nicht.
Die Gluckenhaufen die sie alle paar Tage absetzen sind übrigens riesig und stinken furchtbar.
Bei Glucken handelt es sich um ein instinktives Verhalten, das einerseits genetisch bedingt ist, andererseits wird dieses Verhalten aber auch hormonell gesteuert. Brutfreudige Hennen gibt es nicht bei allen Hühnerrassen, große lachsfarbige Lachshennen gehören im Allgemeinen nicht dazu. Eine Henne muss auch nicht von einem Hahn getreten worden sein, sie muss nicht einmal Eier gelegt haben, und kann dennoch anfangen zu brüten.
Eine 4 Monate alte Maranshenne hat bei uns erfolgreich befruchtete Eier einer älteren Lachshenne ausgebrütet, obwohl sie selber noch kein einziges Ei gelegt hat, und sie hat die Küken nach dem Schlüpfen sogar viele Wochen lang liebevoll und äußerst erfolgreich geführt.
Normale Legetätigkeit
Bei täglich legenden Hennen beträgt der zeitliche Abstand zwischen Ovulation (Eisprung) und Oviposition (Eierlegen) einen Tag. Da bei Hühnern das rechte Ovar rudimentär angelegt ist, und somit nur das linke Ovar funktionsfähig ist, haben Hennen einen 24-Stunden-Zyklus.
Häufige Tretakte durch den Hahn fördern die Legeleistung der Henne.
Woher weiß die Henne, wann sie das Nest aufsuchen muss?
Sowohl der Druck des fertigen Eis im Uterus als auch Hormone lösen bei der Henne den Impuls aus, das Nest aufzusuchen. Das vom Ovar gebildete Östrogen, in Kombination mit dem Progesteron, das nach dem Eisprung am Follikel entsteht, ruft 24 Stunden nach dem Eisprung das Nestverhalten hervor, unabhängig davon, ob und wo sich das Ei im Legedarm befindet. Dabei bewirkt das Östrogen das Aufsuchen des Nestes, das Progesteron das Niederlassen im Nest. Nach ca. 30 - 180 Minuten ist das Ei dann gelegt, und der Hormonspiegel normalisiert sich wieder.
Im Normalfall bekommt die Henne also kurz vor der Eiablage einen Hormonschub, der sie das Nest aufsuchen lässt, und nachdem sie das Ei gelegt hat, sinkt der Hormonspiegel wieder.
Was verursacht die Brütigkeit?
Wenn der Hormonspiegel nach der Eiablage aber nicht sinkt, ist das das Startsignal für die Henne, mit dem Brüten zu beginnen. Die Henne bebrütet die Eier dann 21 - 22 Tage, bis die Küken schlüpfen. In dieser Zeit schüttet der Körper das Hormon Prolaktin aus, was zum Schrumpfen des Eileiters führt, und die Eiproduktion für die gesamte Brutdauer und noch ca. 5 Wochen darüber hinaus unterbindet. Daher legen brütenden Hennen und Hennen die Küken führen auch keine Eier.
Was tun, wenn die Henne nicht brüten soll?
Sind die Eier jedoch unbefruchtet, würde die Henne auch länger als 3 Wochen auf den Eiern sitzen bleiben, in der Erwartung, dass Küken schlüpfen, und weil ihr Instinkt dieses vorschreibt. Unter Umständen mehrere Wochen, denn sie hat keine innere Uhr, die ihr anzeigt, dass die 3 Wochen nun rum sind. Das hält eine Henne natürlich nicht durch, sie würde schlichtweg an Erschöpfung sterben. Daher muss man dieses sinnlose Verhalten möglichst schnell unterbrechen, wenn sie es sich auf unbefruchteten Eiern bequem gemacht hat, um gesundheitliche Schäden von der Henne abzuwenden.
Das 'Entglucken' - gar nicht so leicht, oder leichter gesagt als getan.
"Genau so wenig, wie man eine Henne zum brüten zwingen kann, kann man sie vom brüten abhalten, auch nicht, wenn man ihr die Eier wegnimmt."
Im Zweifelsfall bebrütet sie das leere Nest, einen Stein oder eine Walnuss auf der Wiese.
Wichtig ist, den Brutwillen der Henne so schnell wie möglich zu brechen, denn je länger eine Henne festsitzt, desto länger wird es auch dauern, sie von ihrem Vorhaben wieder abzubringen.
Dazu muss man es der Henne so ungemütlich wie möglich machen.
Alles, was das Verhalten fördern würde, muss unterbleiben.
Da der Bauch während des Brütens sehr warm wird, muss man für Abkühlung sorgen. Das geschieht am besten, indem unter dem Bauch Luft zirkulieren kann. Helles Licht, laute Geräusche, reger Betrieb, all das sollte die Glucke dazu bringen, ihre Brutlust zu verlieren.
Wie setzt man das in der Praxis um?
Ein umgedrehter Käfig ("Broody Breaker"), der mit dem Gitter nach unten auf ein paar Ziegelsteinen steht, an einem hellen, belebten und für die Henne ungemütlichem Ort, sorgt für die nötige Luftzirkulation, Helligkeit und Unruhe.
Bitte der Henne immer ausreichend Futter und Wasser anbieten, und den Zugang zum Nest verwehren.
Sobald sie die Möglichkeit hätte, das Nest wieder aufzusuchen, würde sie das ohne zu zögern tun, was mit Stress, nicht nur für die Henne, verbunden ist.
Viele der Methoden, die früher Anwendung gefunden haben, sind nicht nur aus tierschutzrechtlichen Gründen abzulehnen, weil sie brutal sind, sondern auch verboten. Das Aufhängen einer Henne in einem Sack, damit diese die Orientierung verliert, oder das tauchen in kaltes Wasser um sie abzukühlen, hat so manche Henne mit dem Leben bezahlt.
Sobald die Henne sich wieder normal verhält, den ganzen Tag über gut frisst, trinkt, regelmäßig Kot absetzt und im Käfig herumläuft, ist sie bereit, wieder in die Gruppe integriert zu werden.
Was kann man tun, wenn die Henne schon seit längerer Zeit brütet?
Sitzt eine Henne schon seit Wochen erfolglos auf unbefruchteten Eiern, ist ein Entglucken vermutlich nicht erfolgreich. In diesem Fall kann man versuchen, der Henne zugekaufte Eintagsküken unterzuschieben.
Dabei muss man aber sehr behutsam umgehen, um die Küken nicht zu gefährden, denn eine Henne die brüten möchte, muss nicht zwangsläufig eine gute Mutter sein, die ihre Küken gewissenhaft führt und aufzieht.
Es gibt durchaus Hennen, die sogar ihre eigenen Küken töten, wenn diese schlüpfen, weil sie sich durch die Küken beim Brüten gestört fühlen.
Sollte man beabsichtigen, einer Henne Küken unterzuschieben, muss man die Henne danach für mehrere Stunden sehr gut beobachten, und im Zweifelsfall, wenn sie sich den Küken gegenüber aggressiv verhält, die Küken ohne Glucke von Hand aufziehen.
Was gibt es schöneres als eine Henne mit Küken in Naturbrut.
Aber bitte nicht im Winter.
Unser "Broody Breaker" ist ein Schaukäfig, der an einem luftigen, hellen, aber dennoch geschützten Platz steht. Diese Henne hatte im Stall hartnäckig die Eier aller anderen Hennen im Nest okkupiert, und war wenig begeistert, als sie umziehen musste, und als Gesellschaft auch noch einen Hahn ertragen musste. Der Umzug war dringend indiziert, da sie sofort fest auf dem Nest mit unbefruchteten Eiern saß, und innerhalb kurzer Zeit direkt viel Gewicht verloren hat. Sie hat aber nach dem Umzug direkt angefangen gut zu fressen, und sich nicht mehr platt wie ein Pfannkuchen auf den Boden gedrückt. Mission geglückt.