
Empfinden Hennen Lust und haben Hähne einen Orgasmus?
Zugegebenermaßen eine recht provokante Frage.
Doch ganz so abwegig wie es scheint ist sie nicht.
Ein Blogbeitrag über Evolution, Anatomie, Psychologie, Verhalten, Sex Reversal und von krähenden Hennen die Eier legen.
Foto: Lachshühner bei der Paarung
Die Entwicklung der Geschlechtsorgane beim Hühnerembryo
Während der Bebrütung der Eier entwickelt sich beim männlichen Küken im Laufe der ersten neun Tage der Embryonalentwicklung vorübergehend ein Penis, der sich durch Anschalten des Proteins BMP4 (Bone morphogenetic protein 4)*, das den programmierten Zelltod (Apoptose) auslöst, wieder zurückbildet. Zurück bleibt ein Geschlechtshöcker (Kloakenhöcker).
*Das Gen Bmp4 kodiert für das Protein BMP4 (bone morphogenetic protein), ein so genanntes Knochen-Morphogenese-Protein, das nicht nur für die Rückbildung des Penis, sondern auch für die Entwicklung der Schnabelform und die Ausbildung von Kreuzschnäbeln bei Geflügelrassen mit Bart verantwortlich ist.
Die Geschlechtshöcker befinden sich beim Eintagsküken in der Ventralwand (Bauchwand) der Kloake direkt unter dem Darmausgang und sind nur stecknadelkopfgroß.
Beim männlichen Küken stellt sich der rudimentäre Penis als kegelförmige Struktur dar, und beim weiblichen Küken zeigt sich der Geschlechtshöcker als kleine halbkugelförmige Erhebung.
Dieser Umstand wird zur Unterscheidung der Eintagsküken beim sog. Kloakensexen genutzt und ist als japanische Methode nach MASUI und HASHIMOTO (1933) bekannt.
Dazu wird die Kloake durch Druck auf den Bauch des Kükens manuell nach außen gestülpt, und der Kloakenhöcker betrachtet.
Unter dem Einfluss von Testosteron und Östrogen entwickelt sich aus dem Kloakenhöcker des Kükens in der Kloake beim Hahn ein nicht ausstülpbarer Penis (Penis non-protrudens) als Kopulationsorgan in Form kleiner erigierbarer Höckerchen und Falten, die eine Samenrinne bilden, und bei der Henne ein Klitorisäqivalent, das sensible Nervenenden enthält, und das ein Analogum zur Klitoris der Säugetiere darstellt.
Die Erektion des Penis non-protrudens erfolgt nicht über Blutfüllung, sondern über Lymphe, die vom Lymphobulbus phalli, einer gefäßreichen Bildung in der Kloakenwand produziert wird.
Der Kloakenhöcker spielt somit später eine entscheidende Rolle bei der Fortpflanzung.
Die Geschlechtsmerkmale bei Hahn und Henne
Die Geschlechtsdifferenzierung bei Hühnern wird durch das Vorhandensein oder Fehlen des W-Chromosoms gesteuert. Genetisch sind männliche Tiere homozygot (ZZ) und weibliche heterozygot (ZW).
Der Hahn hat als primäre Geschlechtsmerkmale die paarig angelegten Hoden (Testes) und einen Penis non-protrudens, als akzessorische Geschlechtsmerkmale die Samenleiter (Vasa deferentia), und als sekundäre Geschlechtsmerkmale den großen Kamm, lange Sporen, Körperschmuck in Form von spitzen Hals-, Sattel- und Schwanzfedern, die oftmals buntere Färbung des Gefieders bei mehrfarbigen Rassen, Körpergröße, Gewicht und das geschlechtstypische Verhalten wie z.B. krähen.
Ein geschlechtsreifes männliches Huhn wird als Hahn bezeichnet.
Die äußerlich sichtbaren, unterschiedlichen sekundären Geschlechtsmerkmale von männlichen und weiblichen Tieren bezeichnet man als Geschlechtsdimorphismus.
Die ovalen und gelegentlich ungleich groß angelegten Hoden des Hahnes entwickeln sich während der Embryonalentwicklung aus den Urnieren (Mesonephros).
Die Nieren entstehen aus einer Organfolge von Vorniere (Pronephros), Urniere (Mesonephros) und Nachniere (Metanephros).
Zuerst entsteht aus 12 Somiten das Pronephros. Somiten sind embryonale Ursegmente oder auch sog. Primitivorgane. Die Rückbildung des Pronephros erfolgt vom 4. - 8. Bebrütungstag.
Ab dem 5. Bebrütungstag entsteht das Mesonephros (Wolffscher Körper) und und zwei ableitende Kanäle (Wolffscher Gang / Ductus mesonephricus). Die Rückbildung erfolgt vom 15. Bebrütungstag bis zum 21. Tag nach dem Schlupf.
Mit dem Metanephros entsteht ab dem 5. Bebrütungstag die Nachniere als räumliche Fortsetzung des Mesonephros in modifizierter Form, und die beiden Harnleiter. Dieses fördert gleichzeitig die beim männlichen Embryo nur teilweise Rückbildung des Mesonephros. Die Wolffschen Körper und Gänge bilden sich nicht komplett zurück, aus ihnen bilden sich die Nebenhoden (Epididymis) und die Samenleiter (Vasa deferentia) für die Fortpflanzung beim Hahn.
Dieser Funktionswechsel und ihre enge funktionelle und topografischen Beziehung bewirkt die Verbindung von Keimdrüsen und Nieren zum Urogenitalsystem.
Die Größe der Hoden unterliegt starken Schwankungen durch An- und Abschwellen der Tubuli und der Keimelemente in Abhängigkeit von Jahreszeit und Fortpflanzungsperiode.
Am Ende der Paarungszeit setzt die Rückbildung ein und die Hoden schrumpfen zum Ruhestadium.
Die Nebennieren zählen nicht zum Urogenitalsystem.
Nach 67 Stunden Bebrütung lässt sich im Hühnerembryo rechts und links der sich entwickelnden Wirbelsäule nahe der Urniere eine Differenzierung des Coelomepithels, welches zunächst aus pluripotenten Zellen besteht, abgrenzen. Aus diesem entwickeln sich die Nebennierenrinden, sowie die Urkeim- oder Urgeschlechtszellen (primäre Gonozyten) und später Teile der Gonaden.
Auf der linken Seite findet man deutlich mehr Gonozyten als auf der rechten Seite, was der Lage des Embryos auf der linken Seite und der damit verbundenen besseren Durchblutung dieser Seite geschuldet sein dürfte. Bei der Henne resultiert daraus das später nur einseitig auf der linken Körperhälfte angelegte Ovar, während das Ovar auf der rechten Körperhälfte nur rudimentär vorhanden ist, und beim Hahn der später größere linke Hoden.
Als Hormonproduzierende Inkretorgane sind die Nebennieren für die Eierstockfunktion bei der Henne von großer Bedeutung.
Der Henne hat als primäre Geschlechtsmerkmale einen Eierstock (Ovar) auf der linken Körperseite, als akzessorische Geschlechtsmerkmale den linken Eileiter (Oviduct) und ein kitzlerartiges Gebilde (Klitorisäqivalent) in der Kloake, zu den sekundären Geschlechtsmerkmalen gehören der zartere Körperbau, die geringere Größe und das niedrigere Gewicht im Verhältnis zum Hahn sowie das hennentypische Verhalten wie z.B. Glucken.
Ein weibliches Huhn wird als Henne bezeichnet, sobald es mit der Eierproduktion beginnt.
Nachdem sich beim genetisch weiblichen Embryo die Nieren entwickelt haben, degeneriert die überflüssig gewordene Urniere und die ursprünglichen Urogenitalverbindungen bilden sich zurück.
Die rechte Genitalleiste der weiblichen Embryonen verfügt normativ über keine oder nur sehr wenige Gonozyten, was dazu führt, dass sich keine Rindenschicht (Cortexgewebe) bilden kann, und diese Keimanlage zum großen Teil nur aus medullaren Strängen besteht, aus welcher das spätere rechte Gonadenrudiment resultiert.
Gelegentlich verfügt die rechte Genitalleiste des weiblichen Embryo über Gonozyten, aus denen sich etwas Cortexgewebe und ein mehr oder minder großes Ovar, jedoch ohne Eileiter bildet.
Nach der Rückbildung der zunächst paarig angelegten ableitenden Kanäle (Wolffsche Gänge) vollzieht sich die Ableitung der Eizellen später über nur einen einzigen Gang, den linken Eierstock, der keine Verbindung zur Urniere besitzt. Daher besteht auch keine direkte strukturelle Verbindung von Eileiter und Eierstock, und der Eileiter endet mit einer freien, trichterförmigen Öffnung im Bauchraum.
Mesonephrale Reststrukturen wie das Paroophoron (Beieierstock) und das Epoophoron (Nebeneierstock) als Relikte des Ductus mesonephricus, auch Wolffsche Gangreste genannt, können über viele Jahre im rechtsseiteigen Gonadenrudiment bestehen bleiben.
Mit Ausnahme kennfarbiger Küken kann man männliche und weibliche Küken nach dem Schlupf nicht anhand der sekundären Geschlechtsmerkmale unterscheiden.
Die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale zur Ausprägung des phänotypischen Erscheinungsbildes erfolgt im Laufe der Entwicklung als Folge der hormonellen Sekretion von Androgenen und Östrogenen aus Hoden und Eierstöcken. Androgene bedingen das Wachstum von Kamm und Kehllappen bei Hähnen und sind für die Ausprägung der Stimme, das Krähen, verantwortlich. Die weibliche Gefiederstruktur und Gefiederfarbe prägt sich in Anwesenheit von Östrogenen aus, ebenso die Verringerung der Pigmentierung von Federbereichen bei in Bezug auf die Federfarbe geschlechtsdimorphen Rassen.
Der Einfluss von Testosteron auf Hühner
Die Wirkung von Testosteron ist komplex, sie wird sowohl beim Hahn als auch bei der Henne von Androgenrezeptoren vermittelt und hat wichtige Funktionen im Körper. Hühner ohne Androgenrezeptoren zeigen eine reduzierte Ausprägung der äußerlichen Geschlechtsmerkmale und sind unfruchtbar, obwohl Hahn und Henne Testosteron produzieren.
Androgene und damit der Androgenrezeptor spielen daher eine entscheidende Schlüsselrolle bei der Geschlechtsentwicklung, dem Aussehen und dem Aggressionsverhalten oder auch geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen wie dem Krähen beim Hahn, aber auch beim Eisprung bei der Henne. So legen Hennen ohne Androgenrezeptoren keine Eier, obwohl Testosteron bei der Henne durch Aromatase zu Östrogen verstoffwechselt wird, welches an einen anderen Rezeptor bindet.
Da die Sporen beim Hahn hormonunabhängig wachsen, spielt der Androgen-Signalweg hier keine Rolle.
Das Wachstum der Sporen geschieht Hormonunabhängig, und wird ausschließlich durch das genetische Geschlecht des Huhnes bestimmt.
Sonderformen, Regeneration der rechten Gonade, Zwitterbildung und Geschlechtsumkehr
Hennenfiedrigkeit
Bei einigen Rassen, wie z.B. Sebright findet man auch bei den Hähnen ein weibliches Gefiedermuster.
Dieser Phänotyp steht im Zusammenhang mit der Anwesenheit von Östrogen, das die Federfollikel und die Federbildung beeinflusst, und abgerundete Federn im Halsbereich und im Schwanz entstehen lässt.
Dieses beruht auf einer einzigen Genmutation, die die Aromataseproduktion in den Federfollikeln kodiert. Aromatase (CYP19A1) ist ein spezielles Protein der Gonaden, welches als Enzym die endogene Umwandlung von Androgenen in Östrogene katalysiert. Der Östrogenspiegel in den Federfollikeln steigt an, und die wachsenden Federn verweiblichen.
Eine Kastration männlicher Sebright würde die Quelle der Androgene entfernen, die für die Umwandlung in Östrogen ursächlich zeichnen, wodurch ihr weibliches Gefieder zum männlichen Phänotyp zurückkehrt.
Regenerierte rechte Gonaden können Gewebemerkmale des Eierstocks, der Hoden oder beider aufweisen.
Spontane Geschlechtsumkehr
Enthalten die medullaren Stränge des rechten Gonadenrudiments vollwertige Gonozyten, kann es in der Folge bei Funktionsverlust des linken Ovars (Eierstock) oder des Cortex ovarii (Rindenschicht) durch tumoröse Geschehen, Eierstockzysten, Entzündungen oder nekrotisierende Prozesse oder einer Erkrankung der Nebennieren kompensatorisch zur Differenzierung und zu einem Tubuliartigen Umbau des Gewebes mit männlicher Struktur bis hin zu einem hormonell voll funktionsfähigen Hoden führen, was mit einer spontanen Geschlechtsumkehr (sex reversal) verbunden ist.
Die Henne zeigt dann Hahn typisches Aussehen und Verhalten, und legt auch keine Eier mehr.
Eine spontane Geschlechtsumkehr von einem Hahn zur Henne ist nicht möglich.
Jedoch zeigt ein kastrierter Hahn (Kapaun) Ähnlichkeiten im Aussehen und Verhalten mit einer Henne. Kamm und Kehllappen schrumpfen, der Körper streckt sich in die Länge, die Federn am Halskragen, auf dem Rücken, an den Lenden und am Schwanz werden länger und vollständiger als beim normalen Hahn. Die Federn an Rücken und Halskragen hängen dicht und buschig herab, der Schwanz wird in gestreckter Weise, fast horizontal getragen und er kräht weniger oder gar nicht mehr.
Bei Hennen wird in der Leber Vitogellin (lateinisch vitellum, Eidotter) synthetisiert als Vorläufer für Lipoproteine und Phosphoproteine sowie zur Bindung von Eisen im Eidotter durch das Protein Phosvitin.
Das Gen, welches die Vitellogenin-Produktion steuert, ist auch bei Hähnen vorhanden, jedoch kommt es nicht zum tragen, da es nur von 17β-Östradiol aktiviert wird.
Auf Zufuhr von Östrogene oder Substanzen mit analoger Wirkung (DDT, PCB) reagieren vor allem juvenile Hähne äußerst sensibel bis hin zur Geschlechtsumkehr.
Zwitterbildung
Enthält das rechten Gonadenrudiment neben Medullarzellen und Gonozyten auch Rindengewebe, kann sich eine Zwitterdrüse (Zwittergonade, Ovotestis, Testovar) als regenerierte rechte Gonade bilden, welche die Funktion von Eierstock (Ovar) und Hoden (Testis) vereint. Sie ist steroidogen funktionell, bildet Östrogene und Androgene, und kann sowohl Eizellen als auch Spermien produzieren. Obwohl das Huhn genotypisch weiblich ist, kann es phänotypisch männliche sekundäre Merkmale aufweisen.
Das erklärt das Vorkommen von krähenden Hennen, die auch Eier legen.
Die meisten Ovotestis werden jedoch niemals ein Ei legen oder Nachwuchs zeugen.
Unabhängig von regenerierten rechten Gonaden bei genotypisch weiblichen Hennen können auch persistierende Müllersche Gänge (Ductus paramesonephricus) bei genotypisch männlichen Hähnen als Ursache der Zwitterbildung angesehen werden. Der paarige Ductus paramesonephricus (Müller-Gang) ist eine embryonale Genitalanlage bei beiden Geschlechtern, der sich während der Embryonalentwicklung unter dem Einfluss des AMH Hormons beim männlichen Embryo zurückbildet. Das Hormon bewirkt somit die Geschlechtsdifferenzierung bei weiblichen und männlichen Embryonen.
Persistierende Müllersche Gänge können zu einer Ausbildung von Eierstock und Hoden nebeneinander mit unterschiedlich entwickelten Ausführgängen führen.
Mosaiktiere, Gynandromorphismus
Diese Hähne können eingeschlechtlich aussehen, als Halbseitenzwitter (Gynander) deren Körperseiten unterschiedliche Geschlechter haben, mit einer Verteilung der sekundären Geschlechtsmerkmale entsprechend der Gonaden auf den beiden Körperhälften (nahezu immer weist die linke Seite einen Eierstock und weibliche Färbung, die rechte einen Hoden und männliche Färbung auf), oder als Mosaikzwitter mit einer Mischung männlicher und weiblicher Gefiederbestandteile in Erscheinung treten.
Hennen mit zwei Eierstöcken
Hennen mit zwei Ovarien kommen selten vor. Gelegentlich verfügt die rechte Genitalleiste des weiblichen Embryo über Gonozyten, aus denen sich etwas Cortexgewebe und ein mehr oder minder großes Ovar, jedoch ohne Eileiter bildet.
Anatomie
Bei den meisten Hennen fehlt jedoch der rechte Eierstock.
Der linke Eierstock der Henne liegt zentral im Schwerpunkt des Körpers zwischen Lunge und linker Niere.
Dabei ist er mit dem Nierenlappen und der Ventralwand (bauchseitigen Wand) der Vena cava caudalis (hintere Hohlvene) fest verbunden. Die Entfernung eines Ovars ist deshalb äußerst schwierig und oft nicht komplett möglich, was, im Fall einer Erkrankung des Legeapparates, oft eine unerwünschte Regeneration ermöglicht.
Während die Eierstöcke zunächst paarig angelegt sind, atrophiert der rechte Eierstock und nur das linke Ovar mitsamt Eileiter entwickelt sich bis zur Geschlechtsreife im Alter von ca. 5 – 6 Monaten, und nimmt dann seine Funktion auf. Im Eierstock sind ca. 4.500 Eifollikel angelegt, die 7-10 Tage vor dem Ablegen zur Dotterkugel heranreifen. Die reifen, gelben Follikel haben bereits die Größe des Eidotters. Nach dem Follikelsprung gelangt der Follikel in den ca. 9 cm langen Eileitertrichter, und von dort aus in den Eileiter, wo auch die Befruchtung der Eizelle in der Keimscheibe stattfindet. Im ca. 32 cm langen Eiweißanteil (Magnum) des Eileiters erfolgt die Umhüllung der Dotterkugel mit Eiklar, in der ca. 10 cm langen Eileiterenge (Isthmus) werden die Eihäute innere Schalenhaut / Eimembran und äußere Schalenhaut / Schalenmembran angelagert. Im ca. 10 cm langen Eihalter, dem sog. Uterus wird innerhalb von 20 Stunden die Schale und die Schalenoberhaut (Kutikula) gebildet. Die Farbe der braunschaligen Eier wird in den letzten 5 Stunden der Schalenbildung eingelagert.
Die Passagedauer durch den Eileiter beträgt ca. 24 Stunden.
Durchwandert das Ei den Eihalter zu schnell, entstehen schalenlose Eier, sog. ‚Windeier‘.
Wenn das Ei gelegt wird, wird der Unterus in die Vagina vorgeschoben, und die Scheide (Vagina) stülpt sich unter dem Einfluss von Oxytocin, Vasotocin und Prostaglandinen mit dem Ei durch die Kloake nach außen, so dass das Ei beim legen nicht mit dem Kot in Berührung kommt.
An der Luft verfestigt sich die Schalenoberhaut (Kutikula) die zunächst ein feuchter Film ist, und die das Ei vor dem Eindringen von Bakterien schützt.
Ein legendes Huhn erkennt man an a. 4-5 cm Platz zwischen den Legehöckern. Während der Mauser, nach Abschluss der jeweiligen Legeperiode, wo das Huhn eine Legepause einlegt, macht er der Legedarm die übliche Rückbildung durch und verkürzt sich von ca. 60 - 80 cm auf 5 - 20 cm, und die Legehöcker rücken näher zusammen.
Legetätigkeit
Bei täglich legenden Hennen beträgt der zeitliche Abstand zwischen Ovulation (Eisprung) und Oviposition (Eierlegen) einen Tag. Da bei Hühnern nur das linke Ovar funktionsfähig ist, haben Hennen einen 24-Stunden-Zyklus. Häufige Tretakte durch den Hahn fördern die Legeleistung der Henne.
Doch woher weiß die Henne, wann sie das Nest aufsuchen muss?
Sowohl der Druck des fertigen Eis im Uterus als auch Hormone lösen bei der Henne den Impuls aus, das Nest aufzusuchen. Das vom Ovar gebildete Östrogen, in Kombination mit dem Progesteron, das nach dem Eisprung am Follikel entsteht, ruft 24 Stunden nach dem Eisprung das Nestverhalten hervor, unabhängig davon, ob und wo sich das Ei im Legedarm befindet. Dabei bewirkt das Östrogen das Aufsuchen des Nestes, das Progesteron das Niederlassen im Nest.
Oft zeigt der Hahn der Henne ein zur Eiablage geeignetes Nest, in dem er das Nest aufsucht und die Henne mit Lauten ins Nest lockt. Dabei werden abgedunkelte und hoch gelegene Nester bevorzugt, da sie dem Huhn ein Sicherheitsgefühl vermitteln.
Nach ca. 30 - 180 Minuten ist das Ei dann gelegt, schwere Rassen wie Lachshühner brauchen durchschnittlich länger um ein Ei zu legen, als leichte Legehybriden.
Physiologie / Hormone:
Das natürlich im Körper vorkommende GnRH ist ein (Peptid)Hormon des Hypothalamus, welches in regelmäßigen Abständen ausgeschüttet wird, und die Hypophyse anregt, die Hormone LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon) ins Blut abzugeben. LH und FSH regulieren die Produktion und Sekretion der Geschlechtshormone Östrogen, Gestagen und Testosteron im Ovar, sowie die Produktion und Freisetzung von Eizellen (Follikeln).
Brüten
Der Bruttrieb ist genetisch bedingt und dient der Erhaltung der Art. Er wird durch einen erhöhten Spiegel des Hormons Prolaktin, das von der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet wird ausgelöst, und durch 12-Stunden-Tage ebenso gefördert, wie durch den Druck vieler Eier im Nest gegen den Unterbauch der Henne. Der erhöhte Prolaktinspiegel im Blut führt, so lange er bestehen bleibt, zum Erhalt der Brütigkeit und gleichzeitig unterdrückt er den Eisprung, was erklärt, warum eine brütenden Henne nicht mehr legt, sobald sie mit dem Brüten beginnt.
Der Bruttrieb endet regelrecht nach 21 Tagen zumeist mit dem Piepsen der ersten Küken.
Die Mauser
Wenn im Herbst die Tageslichtlänge abnimmt, und die Temperaturen sinken, setzt bei den Hühnern die Mauser ein. Dabei wird das Federkleid erneuert. Testosteron und Prolactin verhindern außerhalb der Mauser den Ausfall der Federn.
Maßgeblichen Einfluss auf das Auslösen der Mauser haben neben dem Kältereiz die Hormone der Hypophyse (FSH) und das Schilddrüsenhormon Thyroxin.
Unter Lichteinfluss wird vermehrt FSH (Follikel Stimulierendes Hormon) aus dem Hypophysenvorderlappen des Gehirns ins Blut ausgeschüttet, welches bei der Henne die Ovarialfollikel im Eierstock reifen lässt. Die Ovarialfollikel wiederum produzieren im reifen Zustand Östrogen, was die die Ausschüttung von Thyroxin hemmt und die Ovulation auslöst. Mit Abnahme der Tageslichtlänge wird weniger FSH ausgeschüttet, der Östrogenspiegel im Blut sinkt, die östrogenabhängige Vitellogenin-Synthese in der Leber nimmt ab, der Thyroxin Spiegel steigt, die Legetätigkeit wird eingestellt und die Mauser setzt sein.
Auch beim Hahn verändert sich während der Mauser der Hormonspiegel, das Testosteron sinkt und es wird vermehrt Thyroxin produziert.
So setzt auch beim Hahn am Ende der Paarungszeit die Rückbildung ein und die Hoden schrumpfen zum Ruhestadium.
Durch die Veränderung des Hormonhaushaltes während der Mauser verkürzt sich bei der Henne der Legedarm, und beim Hahn schrumpfen die Hoden, somit fehlt den Hühnern der hormonelle Anreiz zur Paarung.
Kloake, akzessorische Geschlechtsorgane und Paarung der Hühner
Die ca. 2,5 cm lange und 2 cm breite, sackartig geformte Kloake ist der gemeinsamen Ausgang der Verdauungs-, Harn- und Geschlechtsorgane beim Geflügel.
Zwei Schleimhautfalten (Ringfalten) trennen die Kloake in 3 Bereiche:
1. in den Kotraum (Coprodaeum) in den der Dickdarm mündet.
2. in den Harnraum (Urodaeum), den kleinsten Abschnitt, in dem die beiden Harnleiter enden und die Geschlechtsausführgänge. Beim Hahn sind das die beiden Samenleiter die in Papillen münden, und bei der Henne der linke Eileiter.
3. in den Endraum (Proctodaeum), der aus dem äußeren Keimblatt (Ektoderm) entstanden ist, und in dessen Kloakendach ein drüsigen Blindsack, die Bursa Fabricii (Bursa cloacalis) mündet, ein lymphatisches Organ, welches der primären Differenzierung der B-Lymphozyten dient, und somit eine wichtige Rolle für das Immunsystem spielt. Die Bursa Fabricii schrumpft mit fortschreitendem Lebensalter, was die Schwächung des Immunsystems im Alter der Hühner erklärt.
Über die Kloake wird Kot mit den Harnstoffauflagerungen abgesetzt, vom Hahn Sperma an die Henne übertragen, und das Ei von der Henne gelegt.
Um das Sperma auf die Henne zu übertragen, presst der Hahn seine Kloake fest auf die Kloake der Henne, wobei sich das Proctodaeum von beiden ausstülpt. Dann wird das Sperma aus den Papillen der Samenleiter die im Urodaeum des Hahnes münden direkt in das Urodaeum der Henne in die Nähe der Eileiteröffnung übertragen.
Wenn die Henne das Ei legt, wird unter dem Einfluss von Oxytocin, Vasotocin und Prostaglandinen der Uterus in die Vagina vorgeschoben, und die Vagina in der Kloake nach außen gestülpt, so dass das Ei beim legen nicht mit dem Kot in Berührung kommt.
Das Paarungs- und Sexualverhalten der Hühner
Das Leben in der Gruppe bringt Hühnern sehr viele Vorteile, sowohl für ihr Sozialverhalten, als auch für ihre Gesundheit und Lebenserwartung.
Zum Sexualverhalten der Hühner gehört nicht nur die eigentliche Paarung, sondern auch die Kommunikation, die Sozialstruktur (die sog. Hackordnung), die Balz, die Brut und die Aufzucht der Küken. Das Leben von Hühnern und Hähnen in der Gruppe fördert die Balz und somit auch das reproduktive Verhalten.
Hähne sind polygam um möchten sich mit möglichst vielen Hennen paaren. Mit Locklauten ruft der Hahn die Henne, und ködert sie mit der Aussicht auf Futter wie die Glucke ihre Küken zum Futter lockt. Das machen Hähne nicht nur so, wenn sie einen besonderen Leckerbissen entdeckt haben, sondern auch als Täuschungsmanöver, mit der Absicht, die Henne zu begatten.
Hennen sind jedoch nicht dumm, und merken sich dieses Täuschungsmanöver und den entsprechenden Hahn.
Um die Henne zum Sex zu animieren, wirbt der Hahn um die Henne vor dem eigentlichen Tretakt.
Er beginnt das Vorspiel, die Balz, dabei nähert er sich der Henne seitwärts mit gesenkter Schulter und gefächertem Flügel, dabei 'tanzt' und springt er bisweilen auch um die Henne herum.
Geht die Henne auf das Werben ein, duckt sie sich flach auf den Boden, zieht ihren Hals an, und breitet ihre Flügel aus, damit der Hahn sie leichter besteigen und sie das Gewicht vom Hahn ausgleichen kann, und es kommt zur Paarung, dem sog. Tretakt. Der Hahn hält sich dazu mit dem Schnabel in den Halsfedern der Henne fest, breitet seine Flügel wie einen Mantel über der Henne aus, und die Henne drückt ihre Steuerfedern nach oben, damit diese nicht im Weg sind. Hahn und Henne pressen ihre Kloaken aufeinander, dabei überträgt der Hahn 0,5 - 1 ml Sperma auf die Henne. Nach der Paarung stolpert der Hahn über die Henne, läuft noch einmal um sie herum, und die Henne schüttelt sich, um ihr Gefieder zu richten.
Die Henne ist somit der aktive Partner, denn nur wenn sie sich duckt, kommt es zur Paarung. Das Ducken ist der auslösende Schlüsselreiz, er kommt von der Henne, und der Hahne weiß, dass er jetzt die Henne treten muss, der Tretakt ist die Instinkthandlung.
Gibt es mehrere Hähne in einer Gruppe, darf nur der ranghöchste Hahn die Hennen treten, daher versuchen es rangniedrige Hähne außerhalb der Sichtweite vom ranghohen Hahn. Aufgrund der Paarungshäufigkeit zeugen dominante Hähne mehr Nachkommen, jedoch kann ein Hahn seinen eigenen Nachwuchs nicht erkennt, daher ist sein Paarungserfolg der beste Beweis für ihn in Bezug auf seine Vaterschaft.
Hähne, die eine geringe Vaterschaftserfolgsrate haben, weisen eine besonders hohe Fruchtbarkeit auf wenn sie einzeln mit einer Henne gehalten werden, denn oftmals behindern sich aber mehrere Hähne in einer Gruppe gegenseitig. Und junge Hähne wissen oftmals, auch wenn das Verhalten instinktgesteuert ist, noch nicht ganz genau, was zu tun ist, und besteigen die Henne zum Beispiel von der falschen Seite.
Instinktverhalten (Erbkoordiniertes Verhalten) ist ein angeborenes, komplexes Verhalten, dass einen genetisch bedingten, angeborenen Auslösemechanismus (AAM) benötigt, und mit einem Schlüsselreiz beginnt, der die Instinkthandlung und somit das mit einer Bewegungskomponente gekoppelte Verhalten auslöst.
Der Schlüsselreiz ist dabei definiert als kurzer und prägnanter, motivierender Reiz, der ohne Nachdenken umgehend ein bestimmtes Verhalten hervorruft.
Diese Verhaltensweise läuft immer in gleicher Form ab, die Grundlage für dieses Verhalten ist angeboren, jedoch nicht zwangsläufig von Geburt an verfügbar, es bedarf in diesen Fällen der sog. Reifung, und tritt erst später, z.B. mit Eintritt der Geschlechtsreife in Erscheinung.
Unter gleichen Bedingungen läuft diese komplexe Handlung immer gleich ab.
Beispiele:
Die Henne duckt sich (optischer Schlüsselreiz), der Hahn tritt die Henne (AAM + Instinkthandlung).
Ein Küken ruft nach der Glucke (akustischer Schlüsselreiz), die Henne läuft sofort zum Küken (AAM + Instinkthandlung).
Der Hahn bevorzugt Hennen, die voll in der Blüte stehen. Diese haben gerade angefangen zu legen, einen schönen roten Kamm und sind besonders fruchtbar. Bei den Hähnen ist es ähnlich, je größer der Kamm und die Sporen sind, desto fruchtbarer ist der Hahn.
Junge Hähne bilden schon ab der zwölften Lebenswoche Spermien, Balzverhalten zeigen sie hingegen erst ab der 24. Woche. Die Spermamenge beim Hahn ist nachmittags am höchsten. Die höchsten Befruchtungsraten erzielt man im Frühjahr und im Herbst. Bei extremen Temperaturen, etwa im warmen Sommer und im kalten Winter, ist Befruchtungsrate niedrig. Häufiges Treten stimuliert die Eiproduktion bei der Henne, sichert aber keine gute Befruchtung, denn je häufiger ein Hahn die Hennen tritt, desto weniger Sperma überträgt er bei jedem Tretakt.
2-3 Tagen nach erfolgreicher Paarung ist das erste Ei befruchtet. 10 Tage lang sind die Spermien sicher befruchtungsfähig, jedoch in Einzelfälle sogar bis zu 21 Tage lang. 0,05 Milliliter Samenflüssigkeit enthalten ca. 100 Millionen Spermien. Eine Lagerung von Sperma außerhalb des Körpers z.B. zur künstlichen Befruchtung, ist ohne Vitalitätsverlust max. 4 Stunden bei 10°C möglich.
Hähne leichter Rassen kopulieren bis zu 50 mal am Tag, Hähne schwerer Rassen 5 - 10 mal.
Bis zu 10 Hennen schafft ein junger Hahn zu befruchten, ein Althahn sollte nicht mehr als 2 - 3 Hennen bekommen. Im ersten Lebensjahr ist ein Hahn sexuell am aktivsten. Ein junger Hahn befruchtet nicht nur besser sondern auch früher im Jahr als ein alter Hahn. Zudem balzen junge Hähne auch intensiver und sind damit erfolgreicher bei den Hennen als Althähne. Die Fruchtbarkeit nimmt bei Hähnen mit zunehmendem Alter schneller ab als bei Hennen. Die ranghöchsten Hennen lassen sich jedoch oftmals überhaupt nicht vom Hahn treten.
Aufgrund des nicht ausstülpbaren Penis des Hahnes liegt die Kontrolle über die Fortpflanzung bei der Henne, die bei der Paarung die Kloake ausstülpen muss, damit der Hahn sein Sperma an die Henne übertragen kann, da er sie nicht penetrieren kann. Ein Hahn kann die Henne somit nicht zur Kopulation zwingen.
Im Gegensatz dazu kommt es bei Enten oft zu brutalen Vergewaltigungen sogar durch mehrere Erpel, die eine Ente im Wasser jagen und bei der Paarung unter Wasser drücken, sodass immer wieder Enten dabei ertrinken.

Kloake eines Hahnes mit Penis non-protrudens
Als Kopulationsorgan wird beim Hahn in der Kloake ein nicht-ausstülpbarer Penis (Penis non-protrudens) in Form kleiner erigierbarer Höckerchen und Falten ausgebildet, die eine Samenrinne bilden. Die Erektion erfolgt nicht über Blutfüllung, sondern über Lymphe.

Zwitterbildung aufgrund einer regenerierten rechten, steroidogen funktionellen Gonade, welche die Funktion von Eierstock (Ovar) und Hoden (Testis) vereint, und sowohl Östrogene als auch Androgene produziert. Obwohl das Huhn genotypisch weiblich ist, weist es phänotypisch männliche Zeichnungsmerkmale im Gefieder auf.
Diese Hennen können theoretisch sowohl krähen, als auch Eier legen, praktisch jedoch werden sie nur selten Eier legen.
Foto: 7 Monate alte Zwerglachshenne, die sich im Gefieder umfärbt und mittlerweile in einigen Arealen die Zeichnung von einem Lachshahn zeigt als Zeichen der erhöhten Expression von Testosteron.
Bildnachweis: die Fotos wurde mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt.